Seele und Fegefeuer ade

Wie Veränderung im Gebet die Glaubenspraxis verändert

Als Kind und Jugendlicher habe ich es noch erlebt: Es wurde selbstverständlich für die Seelen der Verstorbenen gebetet. Das Wort „Fegefeuer“ kam auch in Predigten noch vor. Feuer steht hier für Reinigung, wie es vor allem im Mittelalter verstanden wurde. Es steht nicht für Vernichtung, wie in unserer Zeit Feuer oft aufgefasst wird.

Im Theologenkonvikt, während des Studiums, sowie später im Seminar schloss das gemeinsame Gebet oft mit den Worten: „Die Seelen der Verstorbenen mögen durch die Barmherzigkeit Gottes ruhen in Frieden.“ Für die Verstorbenen wurden im Pfarrbüro Messintentionen abgegeben. Das geschieht – durchaus unreflektiert – heute noch. Ältere Menschen in den Gemeinden verstehen das noch intuitiv. Den jüngeren geht das Verständnis dafür ab. Vielfach werden Messen für Verstorbene bestellt, „weil man das so macht“.

Ein ganzer Tag im Kirchenjahr, nämlich Allerseelen, dient dem Gebet für die Verstorbenen. Es ist unvergesslich, wie in früheren Jahren an Allerseelen die Kirchen den gesamten Tag über von Betern besucht waren. Friedhöfe werden an diesem Tag gesegnet. Gräber werden festlich geschmückt und von den Familien besucht. Viele Gläubige kamen, um den Allerseelenablass zu erwerben. Jedem Priester war es erlaubt, drei Messen an diesem Tag für die Seelen der Verstorbenen zu feiern.

Es hat sich etwas verändert. Aus dem Messbuch und aus dem Stundenbuch wurde das Wort Seele gestrichen. Auch in den meisten Fürbittenbüchern kommt das Wort nicht vor. Das Wort Seele verschwindet nicht zuletzt dadurch zunehmend aus dem Denken der Menschen oder es verändert seinen Sinn. Die geschaffene, unsterbliche Geistseele des Menschen wird im Denken durch die Psyche ersetzt. Begriffliche Unschärfen sorgen hier für Verwirrung.
Es ist bekannt, dass das Beten den Glauben prägt. Was also in den Gebeten nicht mehr vorkommt, verschwindet aus dem praktizierten Glaubensleben. Es wird höchste Zeit, hier einen anderen Weg einzuschlagen.

Die Kirche lehrt die Seele nach wie vor. Ihr Fehlen in Unterricht, Katechese und Predigt ist also ein Defizit und nicht etwa eine Weiterentwicklung.
Es ist eine Frage der Erneuerung der Katechese und der Predigt, hier eine Umkehr herbeizuführen.
Für das persönliche Weiterstudium bietet sich der Katechismus der Katholischen Kirche – Kompendium mit Nr.207, Nr. 208, Nr. 210 und Nr. 211 an.
Online kann der Katechismus der Katholischen Kirche – Kompendium (KKK-K) an folgenden Stellen nachgelesen werden:
kathleben.de
kathpedia.com
vatican.va

Pfarrer Antonius Waterkamp