Homosexualität aus katholischer Perspektive

Foto: Michelangelo, gemeinfrei

Die gegenwärtige Diskussion über Homosexualität im kirchlich-theologischen Umfeld leidet vor allem darunter, dass biblische Weisungen keine von allen mehr anerkannte Grundlage darstellen, von der aus sich gemeinsame Einsichten und Schlussfolgerungen ableiten ließen. Die Bibel ist nur noch in der Theorie die gemeinsame Grundlage. Sie hat „in der Moderne an Autorität stark eingebüßt. Das gilt nicht nur für die wissenschaftliche Exegese, sondern für die Kirche im Westen Europas allgemein. Faktisch wird sie nicht als Heilige Schrift behandelt, sondern wie ein Klassiker“ [1].

Obwohl es zu allen Zeiten die Versuchung gab, die Bibel als Instanz zur Selbstbestätigung zu missbrauchen, anstatt sich von ihr kritisch in Frage stellen zu lassen, ist aber neu, dass in der Exegese heute die Subjektivität des Auslegers oft ungebremst durchschlägt und jede Interessengruppe ihre Sicht in vergewaltigten biblischen Aussagen rekonstruiert. Diese Entwicklung hat auch deshalb so gravierende Auswirkungen, weil sich viele so zum „Anwalt postmoderner Beliebigkeit“ machen: Ein als Freiheit missverstandener Pluralismus lässt alle Auslegungsweisen gleich gültig sein. Wo aber alles, auch Entgegengesetzes, gleich gültig ist, da wird über die Gleich-Gültigkeit der verschiedenen Wahrheiten die Wahrheit selbst gleichgültig; da wird über die Gleichgültigkeit der verschiedenen Exegesen die Exegese, und das heißt letztlich der Sinn der Bibel, gleichgültig [2].

Oft wird unterschieden zwischen „zeitbedingter Schale“ und „überzeitlich gültigem Kern“ in der Heiligen Schrift. Im ersten Fall handelt es sich um Aussagen, die man buchstäblich getrost vergessen kann. Sie sind durch eine in ihren Anschauungen rückständige Zeit bedingt. Es finden sich aber auch Aussagen, die eine überzeitliche, ewige, göttliche Bedeutung haben, die auch nach heutiger Auffassung, also gemessen an heutigen Kriterien, weiter gelten, also nicht zeitbedingt, sondern zeitgemäß, unserer Zeit gemäß sind. Diese Unterscheidung Schale-Kern setzt jedoch einen überhistorischen Standpunkt voraus. „Wer als historisches Subjekt im Blick auf Dokumente der Vergangenheit, vor allem hinsichtlich biblischer Texte, glaubt unterscheiden zu können zwischen zeitbedingt und ewig gültig, der setzt damit die Kriterien der eigenen Zeit als wahr, richtig, überlegen voraus und denkt dabei in eklatanter Weise ungeschichtlich: als wenn nicht auch die eigene Zeit in ihren Anschauungen zeitbedingt wäre“ [3]. Außerdem wird vielfach vernachlässigt oder gar geleugnet, dass die Bibel trotz ihrer geschichtlichen Entstehung einen zeitlosen Anspruch erhebt, da sie das Wort des Schöpfers der Zeit ist. Gegen die These von der „Zeitbedingtheit“ ist zu sagen, dass die Zeit durch die Ewigkeit bestimmt wird, nicht umgekehrt. In das Urteil „zeitbedingt“ fließt auch die Voraussetzung ein, dass Wahrheit eine Frage der Mehrheit oder des Konsenses ist.

Die eigenmächtige (Um-)Interpretation der Heiligen Schrift geschieht oft ohne Rücksicht auf die Auslegungstradition der Kirche. Die Bibel kann aber nicht in ihrem eigentlichen Sinn verstanden werden, wenn sie in einer der lebendigen Tradition widersprechenden Weise ausgelegt wird. Ihre Interpretation muss, wenn sie korrekt sein will, mit dieser Tradition in wirklicher Übereinstimmung stehen. Für die Exegese ist es daher auch immer wichtig festzustellen, wie in den ersten Jahrhunderten die Kirchenväter diese verstanden haben, da sie schließlich diesen Schriften am nächsten waren. Es ist seltsam, oder besser: höchst aufschlussreich, „dass die meisten modernen Kommentare, besonders in deutscher und englischer Sprache, die Kirchenväter ignorieren“ [4].

Die angesprochene Uminterpretation missachtet außerdem ein Prinzip der Schriftinterpretation, welches das Vaticanum II ausdrücklich betont und gelehrt hat: „Die Aufgabe aber, das Wort Gottes, sei es geschrieben oder überliefert, verbindlich zu erklären, ist nur dem lebendigen Lehramt der Kirche anvertraut, dessen Vollmacht im Namen Jesu Christi ausgeübt wird.“ [5]

All dies wischt der sogenannte Synodale Weg „besserwisserisch“ und arrogant zur Seite, ganz nach Art der aktuellen akademischen deutschen und nicht selten ungläubigen Theologie, die sich als „Gegen-Lehramt“ versteht und entsprechend agiert. Beruft man sich heute auf die biblischen Aussagen und versucht, homosexuelles Verhalten nach der Lehre der Kirche darzustellen, wird man ignoriert, ausgegrenzt, diffamiert, bedroht und niedergeschrien, wie es die letzte Sitzung des „Synodalen Weges“ gezeigt hat. Die so oft beschworene „Toleranz“ ist eine Farce, Gesinnungsdiktatur und eiskalter Machtmissbrauch greifen immer mehr Raum.

Das Zeugnis der Heiligen Schrift ist eindeutig: Weder Im Alten noch im Neuen Testament findet sich eine positive Bewertung der Homosexualität. Sie wird im Gegenteil unmissverständlich abgelehnt und als schweres Vergehen verurteilt, wie Gen 19,1–29; Lev 18,22; Lev 20,13; Röm 1,26f.; 1 Kor 6,9–11 und 1 Tim 1,10 belegen [6].

Diese negative Haltung ist keineswegs als Reaktion gegen die sakrale homosexuelle Tempelprostitution zu verstehen, wie verschiedene Autoren meinen [7]. Der Gott Israels stand als Schöpfer und Herr der Geschichte über der „entgöttlichten“ Natur, war notwendigerweise transzendent und nicht sexuell-orgiastisch (als Naturgott) zugänglich. ER nähert sich dem Menschen, aber der Mensch kann sich nicht zu Gott aufschwingen, indem er sich in Rausch versetzt. Trotz aller Bedrohungen durch synkretistische und polytheistische Elemente wurde dieser Glaube nie aufgegeben und findet seine Zusammenfassung in der feierlichen Akklamation in Dtn 6,4: „Höre, Israel! Jahwe, unser Gott, Jahwe ist einzig“.

Das unmissverständliche biblische Verbot der Homosexualität ist die logische Folge des Gottesbildes der Heiligen Schrift und ihrer Ausführungen über Natur und Bestimmung des Menschen, Sexualität, Ehe und Sünde (Gen 1–3).

Dieses kategorische Nein verweist damit nicht nur auf die moralische, sondern auch direkt auf die theologische Ebene. „Am Anfang war das Chaos […] d.h. es gab keine Differenzierung, sondern eine ungeordnete Mischung von Elementen. Gott beginnt dadurch Ordnung zu schaffen, dass er die Differenzierung der Elemente beginnt: Erde, Luft, Wasser […] Der höchste Ausdruck der organisierenden und fruchtbaren Differenzierung findet sich gerade in der sexuellen Differenzierung: Er schuf die als Mann und Frau. Die Homosexualität ist […] Ausdruck einer bestimmten ‚Rolle rückwärts‘, des Durcheinanders und der Unfruchtbarkeit. Diese Differenzierung zu vergessen, ist auch Ausdruck des Götzendienstes derjenigen, die ihre kreatürliche Verfasstheit vergessen, um sich Gott gleich zu machen, oder die Kreaturen zu betrachten, als wenn sie der Schöpfer wären. Im biblischen Verständnis dezentralisiert die Anerkennung der sexuellen Differenzierung das Subjekt von sich selbst und zeigt ihm seine Grenzen; dagegen droht die Nichtanerkennung dieser Differenzierung die Person in den tödlichen Teufelskreis seiner Selbst einzuschließen“ [8].

Die biblischen Aussagen und Weisungen des Alten Testaments wurden von Jesus Christus bestätigt. Sein in der Diskussion oft herausgestelltes Schweigen zur Homosexualität ist in Wirklichkeit ein sehr beredtes Schweigen, das nicht als Zustimmung oder als Beweis für die Unwichtigkeit der Homosexualität in seinem Denken, Handeln und Lehren gedeutet werden kann [9].

Ohne den Rückbezug auf Gen 1–3 und die darin aufgezeigten grundlegenden Zusammenhänge ist eine theologisch nachvollziehbare Exegese der Aussagen der Heiligen Schrift zur Homosexualität nicht möglich. Der übergreifende Zusammenhang sowie der Ort im jeweiligen Kontext geben den Ausschlag für die Urteilsbildung der biblischen Belege zur Homosexualität. Erst diese geben und weisen der einzelnen Aussage ihre Bedeutung zu. Wo hingegen eine Belegstelle durch isoliertes Zitieren ihres Kontextes entblößt ist, ist sie der interpretatorischen Willkür des Lesers hilflos ausgeliefert.

Nach dem gesamtbiblischen Zeugnis ist praktizierte Homosexualität schöpfungswidrig. Sie widerspricht der von Gott gewollten und gesetzten Ordnung. „Die Unterscheidung zwischen der Norm und dem davon abweichenden Verhalten kann sie [die Kirche, Vf.] nicht aufgeben, An dieser Stelle liegt die Grenze für eine Kirche, die sich an die Autorität der Schrift gebunden weiß. Wer sie dazu drängt, die Norm ihrer Lehre in dieser Frage zu ändern, muss wissen, dass er ihre Spaltung betreibt. Denn eine Kirche, die sich dazu drängen ließe, homosexuelle Betätigung nicht mehr als Abweichung von der biblischen Norm zu behandeln und homosexuelle Lebensgemeinschaften als eine Form persönlicher Liebesgemeinschaft neben der Ehe anzuerkennen, eine solche Kirche stünde nicht mehr auf dem Boden der Schrift, sondern im Gegensatz zu ihrem einmütigen Zeugnis“ [10].

Wer fordert, Homosexualität als gleichwertige Schöpfungsvariante und als gottgewollt anzuerkennen, wie Bischof Dieser von Aachen dies öffentlich getan hat, zielt faktisch auf ein anderes, von der biblischen Botschaft abweichendes Menschenbild. Solche Forderungen und Absichten zielen ins Herz der Schöpfung und richten sich deshalb, ob gewollt oder ungewollt, gegen den Schöpfer selbst. Der Mensch lehnt sich auf gegen seine eigene Natur. Er kämpft gegen seinen eigenen Schöpfer. Nicht dessen Ebenbild will er sein, sondern sein eigener Schöpfer und Herr. Es kann deshalb mit Papst Benedikt XVI. durchaus von einer Art „Anti-Genesis“, von einem „Gegenentwurf“ zu der von Gott ersonnen und gewollten „Grammatik des Lebens“ gesprochen werden. In der siebten Station seiner Kreuzwegmeditationen am Karfreitag 2006 im römischen Kolosseum heißt es: „Sicher ist ein schmerzliches Leiden Gottes der Angriff auf die Familie. Es scheint, als gebe es heute eine Art Anti-Genesis, einen Gegenentwurf, einen diabolischen Hochmut, der die Familie abschaffen will. Der Mensch möchte die Familie neu erfinden, die Grammatik des Lebens selbst, von Gott ersonnen und gewollt, möchte er verändern. Doch sich an Gottes Stelle zu setzen, ohne Gott zu sein, ist die dümmste Arroganz, ist das gefährlichste Abenteuer.“ [11]

Genau dies ist auf der letzten Sitzung des „Synodalen Weges“ mit Hilfe der großen Mehrheit der Bischöfe geschehen. Kardinal Brandmüller hat das Ergebnis der 4. Vollversammlung des Synodalen Wegs in Frankfurt als „Massenabfall von Schrift und Tradition, den Quellen des von Gott geoffenbarten Glaubens“ bezeichnet. „Im Abstimmungsergebnis tritt ein Verständnis von Kirche, von Glaubens- und Sittenlehre zutage, dass sich von der authentischen Glaubensverkündigung der Kirche um Welten unterscheidet. Religion, Kirche Glaube – das sind in dieser synodalen Sicht nur je als den sozialen und kulturellen Verhältnissen des jeweiligen „heute“ anzupassende, variable Größen. Eine Einsicht, die es der Kirche nicht nur ermöglicht, ja sogar auffordert, im Gleichschritt mit der Gesellschaft, als deren Avantgarde sogar in die Zukunft zu marschieren“ [12].

Trotz aller Einseitigkeiten und Verzerrungen in der Geschichte der Theologie, die aber nie den kirchlichen und theologischen „Mainstream“ repräsentierten, hielt dich die von der Bibel vorgegebene Grundlinie durch.

In ihren Schriften weisen die Kirchenväter immer wieder auf die Sündhaftigkeit homosexuellen Verhaltens hin. Am umfassendsten wandte sich der hl. Johannes Chrysostomos gegen die Homosexualität. In seinem Kommentar zum Römerbrief qualifiziert er homosexuelles Verhalten als den schlimmsten aller Frevel und begründet dies mit der krassen Widernatürlichkeit der Homosexualität [13].

Der hl. Augustinus zählt homosexuelles Verhalten zu jenen Sünden, die besonders zum Himmel schreien. Er sieht das Charakteristische der Homosexualität in einem schweren Verstoß gegen die Natur des Menschen. Hierbei geht es für ihn um „nichts Geringeres als um das Band, das uns mit Gott verbindet und das verletzt wird, wenn sich die Natur, seine eigene Schöpfung, durch verkehrte Lust verunreinigt“ [14].

Die mittelalterlichen Bußbücher, die zur Grundausstattung der Kirchengemeinden zählten, befassen sich in vielfältiger Weise mit homosexuellem Verhalten. Dieses wird mit Hinweis auf die entsprechenden biblischen Weisungen verurteil. Ihr Grundübel besteht darin, dass sich die Beteiligten über die göttliche Schöpfungsordnung hinwegzusetzen suchen [15].

Nach dem Kanon II des III. Laterankonzils (1179) soll ein Kleriker, von dem bekannt ist, dass er der Unzucht wider die Natur verfallen ist, aus dem Klerus ausgestoßen und in ein Kloster verbannt werden, um dort Buße zu tun. Ein Laie muss mit dem Ausschluss von den Sakramenten und der Gemeinschaft der Gläubigen rechnen [16].

Auch die hll. Albert der Große und Thomas von Aquin verurteilen praktizierte Homosexualität scharf. Für Albert ist sie das schwerste Sexualverbrechen; sie verstößt „contra gratiam, rationem et naturam“ (gegen Gnade, Vernunft und Natur). Für Thomas von Aquin ist die vollzogene Homosexualität eine Sünde gegen die Natur, der eine tiefere und ursprünglichere Bosheit innewohnt, da sie gegen die Ordnung verstößt, die unmittelbar von Gott stammt und darum die Grundlage für jegliche weitere, dem Menschen eigene Sexualordnung bildet. Gegenüber anderen Sünden der Unkeuschheit besagt sie einen besonderen „excessus“. Indem in ihr der Mensch sogar von der tierischen Ordnung abweicht, zieht er sich eine besondere Schmach zu [17].

Diese von der Bibel vorgegebene Grundlinie hat sich bis in die jüngste Vergangenheit durchgehalten: Petrus Canisius, Alfons von Liguori und Johann Baptist Hirscher stehen stellvertretend für viele andere [18].

Die Rechtsprechung durch die Rota Romana betrachtet Homosexualität als psycho-sexuelle Störung. Sie ist „eine Unordnung des Instinkts oder der natürlichen Hinwendung des einen Geschlechts zum anderen (psychologisch, physisch, affektiv), die auf die Ehe ausgerichtet ist – die Gemeinschaft eines Mannes und einer Frau – durch dieselbe Natur der Dinge, d.h. durch den Schöpfer der Natur. Das ist die Idee, die mehrheitlich der Rechtsprechung zugrunde liegt. Die Homosexualität ist im striktesten Sinne des Wortes etwas Unnatürliches. Der in der Homosexualität existierende Irrweg der sexuellen Ausrichtung ist nicht etwas Nebensächliches oder Indifferentes, sondern betrifft die Beschaffenheit der Person selbst“ [19].

Die Kirche hat sich in der jüngsten Vergangenheit bemüht, ihre Haltung zur Homosexualität zu erklären und Wege einer angemessenen pastoralen Praxis aufzuzeigen. Zeichen dieses Bemühens sind nicht weniger als zehn Dokumente, in welchen sich das Lehramt zwischen 1976 und heute zum Thema Homosexualität und den damit verbundenen Aspekten und Problemen autoritativ geäußert hat [20]. Im Katechismus der Katholischen Kirche, den der hl. Papst Johannes Paul II. 1992 approbierte, wird die Haltung der Kirche zur Homosexualität zusammengefasst: „Gestützt auf die Heilige Schrift, die sie als schlimme Abirrung bezeichnet, hat die kirchliche Überlieferung stets erklärt, „dass die homosexuellen Handlungen in sich nicht in Ordnung sind. Sie verstoßen gegen das natürliche Gesetz, denn die Weitergabe des Lebens bleibt beim Geschlechtsakt ausgeschlossen. Sie entspringen nicht einer wahren affektiven und geschlechtlichen Ergänzungsbedürftigkeit. Sie sind in keinen Fall zu billigen“. Homosexuell empfindenden Menschen ist mit Achtung, Mitleid und Takt zu begegnen. „Man hüte sich, sie in irgendeiner Weise ungerecht zurückzusetzen“ [21].

Die eindringlichen und wiederholten Mahnungen in diesen Dokumenten vor allem an die Bischöfe, ihrer Verantwortung für die vollständige Verkündigung der kirchlichen Lehre hinsichtlich der Sexualmoral gerecht zu werden, enthalten unausgesprochen die Feststellung, dass viele Bischöfe es dabei an der nötigen Entschiedenheit und dem Willen fehlen lassen, mit schwerwiegenden und negativen Konsequenzen für die Kirche.

Für die katholische Kirche in Deutschland ist dies nun manifest geworden. Das eigentlich Alarmierende, Bestürzende ist für Kardinal Brandmüller, „dass die geweihten und gesandten Hirten der Kirche, die Bischöfe, in so großer Zahl den Eid, den sie vor ihrer Priesterweihe, und zuletzt bei ihrer Bischofskonsekration vor allem Volk und Gottes Angesicht geschworen haben, anscheinend leichten Herzens vergessen haben. Man fühlt sich, wie einst John Henry Newman vor mehr als hundert Jahren, an das 4./5. Jahrhundert erinnert, da die Mehrzahl der östlichen Bischöfe mit der Irrlehre des Arius die Gottheit Jesu leugnete, während der heilige Athanasius von ihnen verfolgt, mehrfach von seinem Bischofssitz vertrieben wurde oder flüchten musste. Es brachen über diese Kirchen alsbald die Heere des Propheten aus Mekka herein, diese in Rauch und Trümmer untergehen ließen. Es lohnt sich, hier weiter zu denken“ [22].  

Bestätigt das Lehramt der Kirche die überzeugend dargelegte Sicht von Kardinal Brandmüller und ungezählten anderen, Bischöfen, Priestern, Theologen und Laien, haben diejenigen, die der „Neuen Sexualmoral“ zustimmten, sich damit die Tatstrafe der Exkommunikation zugezogen (can. 1364 § 1 CIC) mit dem daraus folgenden Verlust des Kirchenamtes (can. 194 § 1, 2 CIC).

29. September 2022
Am Fest des hl. Erzengels Michael, des Schutzpatrons Deutschlands,
sowie der hll. Erzengel Gabriel und Raphael

P. Peter Mettler MSF, Dr. theol., lic.iur.can.

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[1] Reiser, M. Die Autorität der Schrift im Wandel der Zeiten. Foren-Linden, 2016, 225.
[2] Vgl. Hempelmann, H. Die Autorität der Heiligen Schrift und die Quellen theologischer Grundentscheidungen. In Homosexualität und christliche Seelsorge. Dokumentation eines ökumenischen Symposiums, Neukirchen-Vluyn, 1995, 238–261, 240.
[3] Idem, 250.
[4] Hogan, L. Homosexualität im Alten und im Neuen Testament. In Laun, A. (Hg.) Homosexualität aus katholischer Sicht, Eichstätt, 2001, 151–160, 151.
[5] Dogmatische Konstitution über die göttliche Offenbarung „Dei Verbum“, 10.
[6] Für die Einzelexegese der entsprechenden biblischen Zeugnisse vgl. Mettler, P. Die Berufung zum Amt im Konfliktfeld von Eignung und Neigung. Eine Studie aus pastoraltheologischer und kirchenrechtlicher Perspektive, ob Homosexualität ein objektives Weihehindernis ist, Frankfurt a. M. u.a., 2008, 134–207.
[7] Vgl. Schlichting, W. Dem Wort aus dem Weg gehen, Biblische Befunde zur Homosexualität. In Homosexualität und christliche Seelsorge. Dokumentation eines ökumenischen Symposiums, Neukirchen-Vluyn, 1995, 227–237.
[8] Moser, A. O Enigma da Esfinge. A sexualidade, Petropolis, 2001, 240. Frei Antonio Moser OFM war ein bekannter und hochgeschätzter brasilianischer Moraltheologe, der durch ein Hilfeersuchen in eine Falle gelockt und brutal ermordet wurde.
[9] Vgl. Lutterbach, H. Gleichgeschlechtliches sexuelles Verhalten: ein Tabu zwischen Spätantike und früher Neuzeit. In Historische Zeitschrift 267 (1998) 281–311, 286.
[10] Pannenberg, W. Homosexualität. Maßstäbe zur christlichen Urteilsbildung. In Weißes Kreuz e.V. (Hg.) Sexualethik und Seelsorge Nr. 95/96, 2/3, (1994), 4.
[11] „Kreuzweg 2006“, in kath.net vom 14. April 2006.
[12] Kardinal Walter Brandmüller. Die Vorlage des Synodalen Wegs „kann man nur als Massenabfall von Schrift und Tradition begreifen“. In kath.net vom 21. September 2022.
[13] Vgl. Hoheisel, K. Homosexualität. In Dassmann E. (Hg.) Reallexikon für Antike und Christentum, Bd. 16. Stuttgart 1994, 290–363.
[14] Augustinus. Bekenntnisse. Frankfurt, 1987, 120f.
[15] Vgl. Lutterbach, H. Sexualität im Mittelalter. Eine Kulturstudie anhand von Bußbüchern des 6. bis 12. Jahrhunderts, (Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte, Heft 43). Köln u.a. 1999, 147.
[16] Jedin, H. (Hg.). Conciliorum oecumenicorum decreta. Freiburg/Breisgau, 1962, 193.
[17] Vgl. Brandl, L. Die Sexualethik des Heiligen Albertus Magnus (Studien zur Geschichte der kath. Moraltheologie. Herausgegeben von Michael Müller, 2. Band) Regensburg, 1955, 238. Fuchs, J. Die Sexualethik des Heiligen Thomas von Aquin. Köln, 1949, 151.
[18] Vgl. Mettler. Amt, 199–202.
[19] Aznar, Gil, F. R. Homosexualismo, transsexualismo y matrimonio (1965–1984), In „Consortium totius vitae. Curso de derecho matrimonial y procesal canonico para profesionales del foro IV (Biblioteca Salmaticensis. Estudios 83) Salamanca, 1986, 281–343, 307.
[20] Vgl. Mettler. Amt. 204-207.
[21] Katechismus der Katholischen Kirche. Libreria Editrice Vaticana 1993, nn. 2357–2359.
[22] Vgl. Brandmüller. Massenabfall.