Das synodale Babel – ein gewolltes Chaos?

Großer Turmbau zu Babel von Pieter Bruegel, gemeinfrei

Im Heute wird deutlich, dass sich der Rauch Satans weit in der Kirche ausgebreitet hat und überall Verwirrung, Unsicherheit, Häresien und Lügen verbreitet. Und er hat überaus willige Helfer, außerhalb, aber auch gerade innerhalb der Kirche. Die Hölle wird nervös, und wenn die nervös und aktiv wird, muss es sich um etwas sehr Wichtiges handeln. „Das Erstaunliche dieser Angriffe: Sie kommen aus dem Inneren der Kirche. Von denen, die schon lange eine andere Moral verkünden – ohne Folgen. Die wütendsten Angriffe gegen die Kirche kommen aus ihr selbst.“[1]

Verwirrung beginnt schon damit, dass das Ereignis, das vom 04. bis zum 29. Oktober dieses Jahres in Rom stattgefunden hat, fälschlicherweise als „Bischofssynode“ bezeichnet wurde und wird; als Kronzeugen dafür wurden ausgerechnet die katholischen Ostkirchen und die orthodoxen Kirchen benannt. Vor versammelter „Mannschaft“ in der Nervi-Halle machte jedoch der Repräsentant des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel im Weltkirchenrat deutlich: „Eine Synode ist die beschlussfähige Versammlung von Bischöfen, nicht eine klero-laikale beratende Versammlung … Die Praxis der Synodalität meint ausschließlich eine Versammlung von Bischöfen.“[2] Die Bischöfe nehmen teil kraft ihres Amtes, indem sie die kollegiale Verantwortung zusammen mit dem Papst ausüben. Nehmen Laien mit Stimmrecht daran teil, dann ist es eben keine Bischofssynode mehr, sondern eine Versammlung, die nicht die apostolische Lehrautorität des Bischofskollegiums besitzt. Die bischöfliche Autorität kann nicht jemanden einfach übertragen werden, der kein Bischof ist. Auch ein Papst kann das nicht.

Der Unterschied besteht jedoch nicht nur in der Beteiligung von Nicht-Bischöfen, sondern auch ganz allgemein in ihrer Arbeitsweise und sogar in den Themen, mit denen sie sich befassen. „Wenn der Westen tatsächlich Synodalität als einen Ort oder eine Zeit versteht, in der alle, Kleriker und Laien, gemeinsam handeln, um zu einer kirchlichen, lehrmäßigen, kanonischen oder disziplinarischen Entscheidung zu gelangen, was auch immer es sein mag, dann ist es klar, dass eine solche Synodalität im Osten nicht existiert.“[3]

Es herrscht also Verwirrung um den Begriff Synodalität, „den man künstlich mit einer östlichen Praxis in Verbindung zu bringen versucht, der aber in Wirklichkeit alle Merkmale einer neueren Erfindung aufweist, insbesondere im Hinblick auf die Laien.“[4]

Mit Recht weist Kardinal Burke auf einen falschen Gebrauch der Sprache hin, der zu einer weitverbreiteten Verwirrung in der Theologie beigetragen hat. Neue Worte werden eingeführt, die in der kirchlichen Lehre keine Geschichte haben oder ohne eine eindeutige Definition übertreiben, wie es im Fall von Synodalität der Fall ist. Es fehlt ein metaphysischer Zugang zu dieser Thematik. Synodalität wird überwiegend horizontal interpretiert, im Sinn von „gemeinsam mit allen gehen“. Der Sinn dieses gemeinsamen Gehens ist nicht von Anfang an gegeben, sondern entsteht in der Zeit und aus der Zeit. „Was Synodalität In Wirklichkeit ist, wird man demnach nie endgültig wissen, denn sie ist konstitutiv wie ein lebendiger Prozess. Garrigou-Lagrange sagte in den 1940er Jahren, dass für die Nouvelle Théologie eine Theologie, die nicht mehr aktuell ist, als falsche Theologie zu betrachten sei. Dasselbe gilt für die neue Synodalität. Die wahre Synodalität wird jene sein, die von Mal zu Mal aktuell ist.“[5] Sie ist gedacht als ein dauerhafter, fortlaufender Prozess: Die Synode ändert sich, die Synodalität bleibt.

Die eigentliche Bedeutung von „Synode“ ist aber nicht, „gemeinsam mit allen gehen“, sondern „gemeinsam mit Christus gehen“. Darauf finden sich aber im „Instrumentum laboris“ und in der Botschaft der Synodenteilnehmer nur sehr schwache Verweise, auf Christus, auf das Kreuz, auf das Ostergeheimnis, das heißt auf den einzig verlässlichen Führer, um wirklich „im Geist reden“ zu können.

Vom Geist wird ebenso unverhältnismäßig wie vage und unbestimmt gesprochen, ja geradezu unkatholisch/unorthodox, „ohne zu bedenken, dass der Heilige Geist eine göttliche Person ist und kein Fluidum, und deshalb immer nur zusammen mit dem Sohn und dem Vater genannt werden kann.“[6]

Kardinal Burke warnte wiederholt und eindringlich davor, sich bei dieser Synode ständig auf den Heiligen Geist zu berufen. Der Heilige Geist ist derselbe, der die Kirche seit zweitausend Jahren inspiriert und sich selbst nicht widerspricht. Er kann nicht zweitausend Jahre lang inspiriert haben, dass etwas schlecht ist, und jetzt, dass es gut ist.[7]

Der schon erwähnte Repräsentant des Ökumenischen Patriarchats schlug vor, „die Synodalität als den Weg von uns allen zu betrachten, die wir auf Christus getauft sind, sein Evangelium hören, unseren Glauben feiern und seine Gnade in den Sakramenten empfangen. Ein Weg, den wir sicherlich gemeinsam gehen müssen, geführt und begleitet von der Hand oder sogar auf den Schultern unserer Hirten, aber in den Fußstapfen dessen, der der Weg, die Wahrheit und das Leben ist.“[8]

Nach der Wahrheit selbst wurde auf der „Synode“ nicht gesucht. Aber es ist doch die Wahrheit, die uns frei macht? Welchen Sinn hat es, nach dem pastoralen Aspekt zu fragen, wenn nicht klar ist, ob er in der Wahrheit begründet ist? Die Seelsorge ohne Wahrheit, so sagte es einmal der frühere Erzbischof von Bologna, Carlo Kardinal Caffara, ist „reine Willkür“. Und Wahrheit ist auch nicht davon abhängig, dass man ihr zustimmt.

Es wird eine von der Metaphysik getrennte Hermeneutik deutlich, was umso offensichtlicher und besorgniserregender ist, wenn man bedenkt, dass in dieser Synthese von Meinungen selbstsicher die Stimme des Heiligen Geistes erkannt wird, genauso wie das im Hegelschen System geschieht.

Nach Mario Kardinal Grech ist es das Ziel der Synode, „alle Getauften so weit wie möglich einzubeziehen, um auf ihre Stimme zu hören und in ihr und durch sie die Stimme des Heiligen Geistes zu erkennen.“[9]

Stefano Fontana bemerkt mit Recht: „Da wir von der Praxis sprechen, können wir nicht umhin, den großen Widerspruch zwischen zwei Ansprüchen festzustellen: dass sich in der Praxis die Stimme des Heiligen Geistes manifestiere, aber diese Praxis instrumentell in die Hände einer ‚kleinen organisierenden Gruppe‘[10] mit homogenen und vorab festgelegten Vorstellungen gelegt wurde.“[11]

Das Schweigegebot[12] für die Synodenmitglieder gilt offenbar nur für die „unsicheren“ Kandidaten und steht in schreiendem Gegensatz zu der immer wieder propagierten Offenheit und Transparenz in der Kirche. Zu den Pressekonferenzen wurden zwar auch abwechselnd ausgesuchte Synodale hinzugebeten, die jedoch immer auf der vorgegebenen Linie der Synodenleitung lagen. „Der Aufruf zur Harmonie soll heißen, dass niemand sich dieser Agenda widersetzen darf, wenn er nicht als Rigorist, Traditionalist, Klerikalist an den Pranger gestellt werden will.“[13]

Das Volk Gottes erfährt nur, was die Leitung will. Es wird gelenkt und manipuliert, wie es Kardinal Joseph Zen, der emeritierte Erzbischof von Honkong und die „graue Eminenz“ der chinesischen Untergrundkirche, sehr deutlich gemacht hat. In diese Richtung drängt vor allem der ständige Aufruf der Synodenleitung zum „Gespräch im Geiste“. Diese Synode wird nach dem Kardinal geradezu durch Interventionen gekennzeichnet sein, die im Einklang mit den „geistlichen Gesprächen“ stehen müssen. Diese scheinen eine psychotherapeutische Sitzung zu sein, in der der Inhalt der gehörten und gesprochenen Worte praktisch keinen Wert an sich hat. In der Tat wird empfohlen, anderen „zuzuhören, ohne zu urteilen“, „nicht nur auf die Worte, sondern auch auf den Ton und die Gefühle des Sprechers“ zu achten und beim Sprechen „mögliche Tendenzen zur Egozentrik“ zu überprüfen.

„Es handelt sich im Wesentlichen um eine präventive Kastration jeder Intervention, die in die Linie der Verteidigung der Lehre der Kirche und sogar der einfachen Diskussion gestellt werden soll. Diese Fixierung auf die Art und Weise der Konversation und nicht auf die Inhalte deutet bereits deutlich darauf hin, dass letztere bereits in anderen Räumen entschieden wurden.“

Der Kardinal äußerte sich auch zur Hinzufügung der Synodensitzung 2024: „Mein böser Verdacht ist, dass die Organisatoren, die sich nicht sicher sind, ob sie in dieser Sitzung das erreichen werden, was sie anstreben, hoffen, Zeit zu haben, um andere Manöver vorzubereiten.“[14]

17. Dezember 2023

P. Peter Mettler MSF, Dr. theol., lic.iur.can.

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[1] Dr. Joachim Heimerl, „Das Papsttum – Erschütterung und Vollendung“, in: kath.net vom 23. Juli 2023.
[2] Zitiert nach Guido Horst, Eine „Klero-laikale Versammlung“, in: Die Tagespost vom 12. Oktober 2023.
[3] Sandro Magister, „Die Synode von Franziskus hat nichts von den ostkirchlichen Synoden gelernt“, in: katholisches. Info vom 19. September 2023.
[4] Kardinal Burke weist die Kritik an den Dubia zurück. In: Im Beiboot Petri vom 5. Oktober 2023.
[5] Stefano Fontana, „Das synodale Babel“, in: katholisches.info vom 10. Oktober 2023.
[6] Kardinal Gerhard Müller, in: kath.net vom 25. Oktober 2023.
[7] Vgl. Luisella Scrosati, „Auch der Papst empfängt keine neue Offenbarung“, in: Im Beiboot Petri vom 7. Oktober 2023.
[8] Magister, a.a.O. Dieses Zitat von Manuel Nin, Katalane, 67, Benediktinermönch in der Abtei Montsserrat, Theologieprofessor und Spezialist für die Kirchenväter, dann Rektor des Päpstlich Griechischen Kollegs in Rom.
[9] M. Grech, „Das Volk Gottes als Subjekt des Synodalen Weges“, in: Teologia 48 (2023) 1, S. 4.
[10] S. M. Lanzetta, „Eine Synode, die von weit her kommt“, in: Fides Catholica 18 (2022) 1, S. 5.
[11] Fontana, a.a.O.
[12] Kardinal Joseph Zen kommentierte dieses Schweigegebot wie folgt: „Dunkelarbeiter haben Angst vor dem Licht.“
[13] Kardinal Gerhard Müller. a.a.O.
[14] Luisella Scrosati, „Was Kardinal Zen an der Synode zur Synodalität nicht gefällt“, in: katholisches.info vom 8. Oktober 2023.