
Die katholischen Kirchengemeinden haben nach der „Aussperrung“ der Gläubigen während des Lockdowns einen gehörigen Schub in Richtung nach unten bekommen: Wer vorher nur noch gelegentlich die Messe besuchte, hat für sich „entdeckt“, dass es eigentlich auch ganz gut ohne dem geht und kommt jetzt gar nicht mehr. Dies hat dem kirchlichen Leben den Wegfall der Lauen beschert. Wiedergekommen und geblieben ist eine treue, stark verminderte Gemeinde, der die Praxis des Glaubens von jeher ein Anliegen war. Dies birgt nun einige Chancen, um bei dem kleinen Rest eine Erstarkung im Innern zu erreichen.
Dazu wäre eine Vertiefung der Christus-Beziehung das wesentliche Moment. Wer darin Fortschritte erzielen will, wird um eine regelmäßig gesuchte persönliche Aussprache in der Beichte und den Empfang der Absolution für seine kleineren und größeren Verfehlungen nicht herumkommen. Die Beichte ist nicht nur das von Christus eingesetzte Sakrament, das die Sünden auslöscht; es ist auch eine Begegnung mit dem kreuztragenden und durch Leiden und Tod zur Auferstehung gelangenden Christus. Gerade der Tod Christi zeigt, welches Gewicht die Sünde hat und dass es ein Gericht Gottes über die Sünde gibt. Durch die freiwillige Annahme des Gerichts, indem er sich Gottes Willen im Gehorsam bis zum bitteren Kreuzestod unterstellt, wird die Sünde – als Egozentrik, Ungehorsam, pervertierte Freiheit, Verschlossenheit in sich selbst – überwunden. Der selbst ohne Sünde war, hat stellvertretend für uns das Gericht über sich ergehen lassen und in seiner Sühne – die uns nicht „ersetzt“ – die geleugnete Souveränität Gottes in einem absoluten Gehorsam anerkannt.
Im persönlichen Bekenntnis wird die angemaßte Selbstherrlichkeit zurückgenommen, und Christus bezieht den reuigen Sünder in seinen Gehorsam und seine eigene Verurteilung und Annahme durch den Vater ein. Wer beichtet, erfährt die Befreiung von seiner Schuld und tritt wieder auf die Seite Christi, der die Schuld in Sühne verwandelt hat. Nirgends erlebt der Mensch – gerade in einer Zeit der Gottferne – Gott persönlich näher als in der Vergebung der Beichte, die der Auferstandene seiner Kirche als Ostergeschenk eingestiftet hat. Die Kirche ist der Raum der Vergebung.
Wo dies zu lebendigem Bewusstsein gelangt, dort wird die Kirche auch wieder das Haus des Gebetes und der gegenseitigen Annahme und Solidarisierung werden. Die abgrundtiefen Gräben, aufgeworfen durch eine neue Apostasie, werden zugeschüttet, die Ausgrenzung von Minderheiten zurückgenommen. Die eine wird sich wieder am Dasein des Anderen freuen können. Es wird ein neuer Friede sein – die pax ecclesiae.
Statt der nicht enden wollenden Klage über den Glaubensschwund, die Vergleichgültigung vor der Gottesfrage, den Zusammenbruch des kirchlichen Lebens, den Verfall der Moral et cetera sollte das Bemühen priesterlicher Seelsorge auf die Wiedereinführung der Beichte konzentriert sein. Dann wird man ein neues Licht am Horizont sehen, und wenn der „synodale Weg“ in deutschen Landen als Irrweg entlarvt und der lang ersehnte Wegfall des Geldes (Kirchensteuer) endlich eingetreten sein wird, dann wird es vielleicht so etwas wie Erneuerung oder wahre „Reform“ geben, von der das letzte Konzil wenn auch nicht als „Zeichen dieser Zeit“, so doch als „signum remotum“ gesprochen hat.
31. Januar 2025
Hl. Don Bosco
Prof. Dr. habil. Michael Stickelbroeck