Das Hemd der Lehre wird nicht gewechselt

Mein Mitbruder, Pastor Frank Unterhalt, hat Recht: Das, was die Bischöfe (nicht nur die deutschen) jetzt im Anschluss an das nachsynodale Schreiben von Franziskus, Amoris laetitia, ausgebrütet haben, widerspricht eindeutig der Nr. 1650 im Katechismus der Katholischen Kirche. Man darf allerdings nicht die Ursache für diesen Widerspruch vergessen: Amoris laetitia. Deshalb muss man beides zusammen sehen: Amoris laetitia und die Ausführungsbestimmungen der Bischöfe. Beides zusammen widerspricht nicht nur dem Katechismus, sondern allem, was das Lehramt der Kirche bisher dazu gesagt hat. Von besonderer Delikatesse ist dabei, dass ausgerechnet die Inhaber des Lehramtes den Katechismus der katholischen Kirche aushebeln. Die Äußerungen von Kardinal Müller, dem Präfekten der Glaubenskongregation, sind nutzlos, weil man ihn nicht mehr ernstnimmt. Franziskus hat gleich zu Anfang seines Pontifikates die Autorität Müllers untergraben. Seitdem reden er und Franziskus aneinander vorbei. Nicht einmal hat der Bischof von Rom ihn unterstützt oder ihm den Rücken gestärkt. Was er für ein Chaos mit Amoris laetitia zur Zeit anrichtet, scheint Franziskus nicht zu kümmern.

Betrachten wir nun aber mal einige Betroffene, die bisher nicht ins Blickfeld geraten sind.
Da ist – erstens – der emeritierte Papst Benedikt XVI. Amoris laetitia und das, was jetzt die Bischöfe daraus machen, muss für ihn wie eine schallende Ohrfeige sein. Er hüllt sich in Schweigen, aber ich nehme an, dass er unsäglich leidet, wird doch nun ein erheblicher Teil seines Lebenswerkes vernichtet: die Einheit der Kirche in Glaube und pastoraler Praxis zu bewahren und einen Bruch in der Glaubensüberlieferung der Kirche zu vermeiden. Nun steht er da – gewissermaßen als falscher Zeuge, der das Evangelium „zu toten Steinen“ gemacht hat, „mit denen man andere bewerfen kann“ (vgl. AL Nr. 49).
Da sind – zweitens – die Bischöfe und Kardinäle, die bisher unverzagt und mutig, gegen die öffentliche Meinung in Kirche und Welt, die überlieferte Lehre der Kirche verkündet haben. Wie stehen sie nun da? Blamiert und lächerlich gemacht! Und  da wären auch noch die Priester an der „Gemeindefront“! Diejenigen, die noch die überlieferte Lehre der Kirche verkündet und ihre Pastoral danach ausgerichtet haben, hatten einiges auszustehen. Sie wurden angegriffen und beschimpft, mussten mit ansehen und ertragen, dass ihnen Mitbrüder in den Rücken fielen und als Vorbilder in Fortschrittlichkeit und Barmherzigkeit vor Augen gestellt wurden. Wie stehen sie nun da? Blamiert! Als die Dummen! Als falsche Zeugen! Unfreiwillig betrogene Betrüger!

Ziehen wir jetzt einmal die Konsequenzen! Was für einen Wert hat ein Lehramt, das diejenigen, die sich vertrauensvoll und gutgläubig daran halten, im Regen stehen lässt? Gilt in Zukunft: Wer zu seinem Amtsgelöbnis steht und sich an das Lehramt der Kirche hält, ist der Dumme? Wo finde ich jetzt die Wahrheit? Liegt sie bei der Verkündigung im Katechismus? Bei Papst Johannes Paul II. mit dem Apostolischen Schreiben Familiaris consortio und der Verkündigung Benedikts XVI.? Oder muss ich mal schnell „das Hemd wechseln“ und zu Amoris laetitia und allem, was die Bischöfe dazu jetzt in die Welt setzen, überschwenken? Das kann ich nicht!

Pfarrer Manfred Rauterkus