Kein Ausverkauf an die chinesische Regierung

Zum Interview KNA mit Joseph Kardinal Zen Ze-kiun.

In diesen Tagen und Wochen beschäftigen sich die kirchlichen, z. T. aber auch die säkularen Medien intensiv mit den Verhandlungen zwischen dem Vatikan und dem kommunistischen China. Es geht um diplomatische Beziehungen und um die katholische Kirche in China, um die vom Regime beherrschte „Patriotische Vereinigung“ und um die papsttreue „Untergrundkirche“, um Einfluss und das Bestimmungsrecht bei Bischofsernennungen. Nun hat sich Joseph Kardinal Zen Ze-kiun, der frühere Bischof von Hongkong, zu Wort gemeldet und im Interview mit KNA den Vatikan dringend gewarnt vor Ausverkauf, Fehleinschätzung und Naivität gegenüber den chinesichen Kommunisten. Ich teile seine Bedenken voll und ganz. Über die Verhandlungen erfährt man von kompetenter Seite so gut wie nichts. Doch hinter den Kulissen geschehen anscheinend Dinge, die einem nur noch die Haare zu Berge stehen lassen. Müsste man im Vatikan nicht aus der Geschichte wissen, dass man Politverbrechern, die das Christentum ausrotten möchten und tausende von Christen ermordet haben, kein Vertrauen schenken kann? „Pacta sunt servanda“ – „Verträge müssen eingehalten werden“ – heißt ein alter Rechtsgrundsatz. Zwischen Kirche und Staat soll Rechtssicherheit herrschen. Doch von einem Regime, das selbst auf wirtschaftlichem Gebiet mit kriminellen Mitteln arbeitet (Wirtschaftspionage), ist wohl kaum Rechtssicherheit gegenüber dem Christentum zu erwarten.

Noch bedenklicher aber ist der Umgang mit den Katholiken und ihren Märtyrern in der Untergrundkirche. Ich zitiere den Kardinal: „Rom hat ihnen immer gesagt: Haltet durch. Und jetzt soll es plötzlich heißen: Ergebt euch. Das ist eine Tragödie“. Und weiter: „Warum noch ein Risiko für den Papst eingehen, wenn Rom sagt: Alles okay. Da gäbe es viel Wut und Enttäuschung, wenn all die Jahre der Treue umsonst gewesen sein sollten.“ Nun soll, wie es heißt, sogar Bischöfen der papsttreuen Untergrundkirche der Rücktritt nahegelegt werden, damit Abtrünnige ihren  Platz einnehmen können. Das ist pervers!
Wehe der Kirche, wenn sie ihre Märtyrer verleugnet und verrät.

Sind wir an einem Punkt angekommen, wo man sagen muss: In der Kirche lohnt sich Treue nicht mehr? Ich fühle mich wieder an Amoris Laetitia erinnert: Siehe Kap. 8 Anm. 351 und die Ausführungsbestimmungen der Bischöfe zur Kommunion von Geschiedenen und Wiederverheirateten – auch in unserer Erzdiözese Paderborn! Lohnt sich Treue noch?
Vor einigen Wochen habe ich an unseren Herrn Erzbischof Folgendes geschrieben:
„Es sind nicht wenige Priester, welche die Lehre der Kirche, wie sie uns von den letzten Päpsten überliefert wurde, getreu ihrem Amtsgelöbnis verkündet haben. Das hat ihnen fast nirgendwo Lob eingebracht. Oft wurden sie dafür angegriffen und beschimpft. Was ist das für eine Kirche, die ihnen jetzt den Boden unter den Füßen wegzieht und sie blamiert! Was ist das für eine Kirche, die uns auf Gehorsam gegenüber dem Lehramt verpflichtet, uns dann aber im Regen stehen und die triumphieren läßt, die sich nie an irgendwelche lehramtliche Verkündigung gehalten haben! Ich fasse es nicht mehr!“
Dazu stehe ich auch hier und jetzt! Und nachdem wir jetzt als Leute entlarvt sind, die das Evangelium  „zu toten Steinen“ gemacht haben, „mit denen man andere bewerfen kann“ (vgl. AL Nr. 49), empfinde ich mit vielen Priestern genau das, wovon der Kardinal spricht: „Wut und Enttäuschung“, dass „all die Jahre der Treue umsonst“ gewesen sein sollen.

Ich bin mir sicher: Die Kirche schlittert auf eine fürchterliche Katastrophe zu. Matthäus, 8,23 -27 fällt mir ein: Die Jünger mit Jesus im Boot auf dem tobenden See. Müssen wir ihn wie die Jünger „wecken“? Das geht nicht durch Gremiensitzungen, nicht durch Gemeindefeste und irgendwelche Aktionen, nicht durch „gestaltete“ Liturgie, sondern nur durch Beten.

Pfarrer Manfred Rauterkus