Weg mit der Blasphemie!

Gastbeitrag von Klemens Hogen-Ostlender

Wäre es nicht so traurig, könnte man das Drolshagen-Syndrom mit einem Kalauer kommentieren: „Was ist das Gegenteil von Theolog’? Ganz einfach: Theo sagte die Wahrheit“. Doch es geht um nichts weniger als den Kern der Gottesmutterschaft der allerseligsten Jungfrau Maria. Markus Leber fasst seinen Wissensstand darüber so zusammen: „Sie war immer eine normale Frau aus dem Volke.“ Aha. Immer. Also auch an dem Tag, als sie in unversehrter Jungfräulichkeit den einzigen Erlöser des Menschengeschlechts gebar? Der Mann sollte sich eigentlich auskennen. Schließlich ist er Theologe, heißt Pfarrer gar. Doch wer die unverfälschte Wahrheit wissen will, muss in den Katechismus der Katholischen Kirche schauen, der über die Himmelskönigin Maria sagt: „,Voll der Gnade‘ ist sie ‚die erhabenste Frucht der Erlösung‘ […]. Sie ist vom ersten Augenblick ihrer Empfängnis an von der Befleckung durch die Erbsünde gänzlich bewahrt worden und während ihres ganzen Lebens ohne jede persönliche Sünde geblieben.“

Leber verschweigt die Wahrheit über die Gottesgebärerin nicht ohne Sinn und Zweck. Er spürt Gegenwind wegen eines PR-Coups, den die glaubensferne Journaille als „Drolshagener Altarbild“ feiert. Die allerseligste Jungfrau Maria ist darauf, in Schlabberjeans und Rolli gekleidet, ein paar Stufen hoch auf eine Klappleiter gestiegen – als „künstlerische“ Allegorie ihrer Himmelfahrt. Der heilige Apostel Thomas schaut ungläubig, ebenfalls in Jeans und mit nacktem Oberkörper, zu. Von diesem subkulturellen Tiefschlag dennoch Begeisterte erblicken in jenem beifällig so etwas wie den Schutzpatron der Skeptiker. (Anmerkung am Rande: Der heilige Achatius von Byzanz, Beistand für Stärkung in Glaubenszweifeln, wäre der passende Fürsprecher für sie.) Die heilige Veronika, auf deren Schweißtuch sich auf wundersame Weise das Antlitz des unter dem Kreuz zusammenbrechenden Herrn abbildete, ist zur Handwerkerin mutiert.

Als langjähriger Journalist mit reichhaltiger Erfahrung in kulturellen Bezügen muss ich zugeben: Einen Moment dachte ich darüber nach, ob das Bild perfide Blasphemie ist oder einfach gar nichts. Das Blasphemische der Darstellung aber liegt gerade in der Auflösung des wahren Glaubens in ein pseudo-religiöses Nirwana, das seit Pfingsten den Chorraum der renovierten Drolshagener St.-Clemens-Kirche verschandelt. Ziel der Umgestaltung war es, so ein Pamphlet der Pfarrgemeinde, dass die Freude beim Betreten der Kirche „nicht irgendwann […] in ein Grauen übergeht“. Glaubt man Lebers Worten, empfinden genauso viele Besucher des Gebäudes die positive Emotion wie die negative. Mit anderen Worten: Das Bild spaltet die Gemeinde mittendurch. Wurde sein Aussehen deshalb in einem bebilderten Vorabbericht über die Umgestaltung verschwiegen und durch eine völlig andere abstrakte Darstellung ersetzt? In einem Presseartikel rutschte dem Pfarrer immerhin das Eingeständnis heraus, dass es ihm beim Altarbild wirklich darum ging, Aufsehen zu erregen: „In den letzten Tagen war die Kirche so voll wie nie.“ Landauf, landab hüpft den „Qualitätsmedien“ förmlich vor Freude das Herz im Leibe.

Der Drolshagener Eigenanteil für die gesamte Kirchenumgestaltung (Achtung: Doppelsinn!) liegt bei mehr als 800 000 Euro. Das Erzbistum Paderborn gibt rund 950 000 Euro aus Kirchensteuermitteln dazu. Der Kirchenvater Tertullian brachte es einst auf den Punkt: „Unser Herr Christus hat gesagt ‚Ich bin die Wahrheit‘ und nicht ‚Ich bin der Zeitgeist‘.“ In Paderborn scheint man das auf den Kopf stellen zu wollen. Ich aber frage mich: Müsste ich bei der nächsten Beichte nicht bekennen, dass ich so etwas immer noch mit meinen Steuern unterstütze? 

5. Juni 2021
Herz-Mariä-Sühnesamstag
Hl. Bonifatius, Märtyrerbischof und Apostel der Deutschen