Im Sumpf der Amazonassynode

Gastbeitrag von Klemens Hogen-Ostlender

Amazonassumpf
Foto: privat

Erwin Kräutler wurde vom Bischof von Rom als Chefkoordinator der Amazonassynode eingesetzt. Was verschaffte dem österreichisch-brasilianischen Bischof das Vertrauen, dass er diese Aufgabe wunschgemäß meistern werde? War es vielleicht seine sogar von „fortschrittlichen“ Missionarskollegen lobend hervorgehobene Devise „Ich habe noch keinen Indianer getauft und werde das auch nicht“ ? Nachdem die Synode beendet ist, darf man feststellen: Kräutler hat geliefert, was von ihm erwartet wurde. Fürbitten zum Schutz vor bösen Waldgeistern, die Anrufung von Anakonda, der Herrin der Kulturpflanzen, um eine gute Ernte und Verständnis für die Idee, greise Familienangehörige zu töten, damit ihr Geist sich vom Körper lösen und uns Lebenden aus dem Jenseits beistehen kann – all das wäre vor wenigen Wochen noch als Ausgeburt abstruser Fantasie erschienen. Nach der bizarren Götzenverehrung während der Synode wäre es kein Stilbruch mehr.

Der erwähnte Dreiklang ist nämlich der indigenen Lebensweise Südamerikas keineswegs fremd, und Ziel der Synode war ausdrücklich die „Inkulturation“ des Christentums in diese Lebensweise – also seine Anpassung an sie. Dass die in einem nachsynodalen Schreiben enthaltenen Ergebnisse der Versammlung weltweit verwirklicht werden sollen, stand schwarz auf weiß bereits im Arbeitspapier. Was „Inkulturation“ aber tatsächlich bedeutet, zeigte sich, als Synodenteilnehmer sich vor Statuen nackter, schwangerer Indiofrauen niederwarfen. Auch Franziskus verneigte sich davor und segnete obendrein höchstselbst eins dieser heidnischen Symbole. Paolo Ruffini, Präfekt des Dikasteriums für Kommunikation, versuchte zunächst noch, abzustreiten, dass es die „Anbetung“ gegeben hatte. Der indigene Peruaner Delio Siticonatzi Camaiteri stellte nach Kritik kategorisch fest; man habe seine eigenen Riten, die in Jesus Christus wurzelten, und zu diesem Thema gebe es „nichts weiter zu diskutieren“. Später wurden die Statuen auch in Kirchen  „verehrt“. Behauptungen von Prälatenseite, es handele sich um Mariendarstellungen, erwiesen sich als Täuschungsversuch.

Heroischer Akt tapferer Männer

Erzürnte, als „traditionalistisch“ beschimpfte Gläubige holten dann einige der Bildnisse aus einer Kirche und warfen sie in den Tiber. Da gestand der Bischof von Rom, wie er sich auch bei dieser Gelegenheit selbst vorstellte, es handele sich um  „Pachamamas“, also heidnische Gestalten, die „Mutter Erde“ verkörpern. Kardinal Gerhard Müller stellte fest, schon das Vorhandensein der Statuen in Kirchen sei eine schwere Sünde. Bischof Athanasius Schneider würdigte es als heroischen Akt tapferer christlicher Männer, dass die Bildnisse in den Tiber geworfen wurden. Die Aktion werde in die Kirchengeschichte eingehen. Beide waren als Synodenväter unerwünscht gewesen.

Unermüdlich versuchten Synodenregisseure auch bei anderen Gelegenheiten, heidnische Praktiken der „indigenen Amazonasvölker“ zu Vorbildern für die Kirche umzudeuten – bis hin zum Mord an unerwünschten Kindern und Alten als unnützen Essern. Dafür dürfe man die Täter keineswegs bestrafen, verlangte Erwin Kräutler. Und Adriano Ciocca Vasino, der brasilianische Bischof von Săo Félix, konnte „seinen“ Indios nachfühlen, dass nicht deren Tötungsrituale, sondern „die Weißen“ grausam seien, weil sie die pflegebedürftigen Alten am Leben lassen wollen. Auch dem letzten Zweckoptimisten dürfte mittlerweile klar geworden sein, worum es bei der Synode ging: Nicht nach viel Aufregung in der Vorbereitungsphase am Ende doch nur um ein paar sanfte Reformen, sondern ums Ganze. Um die Entsorgung des depositum fidei, und zwar, nach der Methode  „Geist des Konzils“, noch weit über das schriftlich Formulierte hinaus.

Dialog auch mit Baals-Anhängern?

Im Abschlussdokument der Synode stehen Ziele, die zu erwarten waren: Verheiratete Männer als Priester in  entlegenen Gebieten (die sich auch im Machtbereich der „Deutschen Kirche“ zweifellos finden lassen werden). Frauen sollen „ihre Leadership stärker im Inneren der Kirche wahrnehmen“. Mehr „Dialog“ mit anderen Religionen ist gefordert. Nach den Erfahrungen mit Pachamamas muss man fragen: Vielleicht auch mit den Hinterbliebenen der Baalspriester, mit denen Elija so wenig dialogbereit umgegangen war? Entscheidender als diese und andere (manchmal vorerst noch vage formulierte) Forderungen zur „Umkehr“ aber ist wohl, dass eine eigens eingerichtete Kommission „in den Blick nehmen“ wird, was man sich noch nicht schriftlich festzulegen traute.

Bei Gott gibt es keine Zufälle. Ein solcher war es deshalb auch nicht, dass ausgerechnet am Schlusstag der Synode beim Fernsehsender EWTN als Überleitung zur Vorabendmesse folgende historische Definition zu hören war: „Häresie ist die Absonderung von der Kirche Christi mit der Tendenz, selbst Kirche werden zu wollen“. Die Quintessenz dieser Weisheit müsste man angesichts der institutionalisierten Häresie nun allerdings wohl umschreiben in „…mit der Tendenz, die Glaubensgrundsätze der Kirche Christi in weiten Teilen umschreiben zu wollen“. Vielleicht werden dabei 14 unliebsame Worte gleich aus der Heiligen Schrift gestrichen: „Wer hölzerne Götzen umherträgt, hat keine Erkenntnis, wer einen Gott anbetet, der niemanden rettet“ (Jes 45,20).

Ist Christus Gott?

Das Ergebnis der Synode stand von vornherein fest. Erwin Kräutler gab es ungeniert zu: Als zum Schein die Beratungen noch liefen, was im Abschlussdokument stehen solle, war es nach seinen Worten längst geschrieben. Die Darsteller des Stücks waren sorgsamer ausgewählt worden als noch bei der Familiensynode, damit es nicht noch einmal unerwünschte interne Kritik geben würde. Themen wie Göttliche Offenbarung, Inkarnation und Kreuzesnachfolge blieben unerwähnt. Statt um die Erlösung der Menschen geht es um die Erlösung vom Klimawandel. Außerhalb der offiziellen Tagesordnung wurde ein Gespräch von Lieblingsinterviewpartner Eugenio Salfari mit seinem Freund Franziskus lanciert. In großer Aufmachung berichtete nicht nur die linksgerichtete Zeitung „La Repubblica,“ der Hausherr im Miniatur-„Kirchenstaat“ glaube nicht an die Gottheit Jesu Christi.

Ein Vatikansprecher äußerte hinterher, Franziskus habe das nicht gesagt und Scalfari das Unausgesprochene dann auch noch falsch interpretiert. Eine persönliche Richtigstellung durch den Interviewten gab es nicht. Hilary White vom US-Amerikanischen Internetnachrichtendienst LifeSiteNews analysierte das Verwirrspiel so: „Wir dürfen nicht vergessen, dass Bergoglio immer noch ein Jesuit ist, der hinter seiner offensichtlichen Banalität eine Menge List verbergen könnte“. Auch das neueste Interview erhalte ihm die Unterstützung einer der beiden großen italienischen Zeitungen, die von ihrer bis 2013 eingenommenen offensiv säkularen Position die Kehrtwende zu einer „vatikanliebenden“ vollzogen habe.

Paulus: „Haltet Euch von Ihnen fern“

Nichts in der Kirche sollte erklärtermaßen nach dieser Synode noch so sein wie zuvor. Das Unterste sollte also zuoberst gekehrt werden, wie es auch der Diabolos, der große Durcheinanderwerfer, liebt. Auch durchaus weltliche Ziele fasste man dabei ins Auge, zum Beispiel die Herauslösung des Amazonasbeckens aus dem Hoheitsgebiet Brasiliens (jedenfalls solange dort ein christlicher Politiker regiert). „Amazonien gehört keinem Staat“ lautete die entsprechende Parole. Der heilige Apostel Paulus schrieb einmal einer Christengemeinde diese eindringlichen Worte: „Ich ermahne euch, meine Brüder, auf die Acht zu geben, die im Widerspruch zu der Lehre, die ihr gelernt habt, Spaltung und Verwirrung verursachen: Haltet euch von ihnen fern“ (Röm 16,17). Ist es angesichts der aktuellen Ereignisse nicht bemerkenswert, dass er so schon damals ausgerechnet die Gemeinde in Rom ermahnen musste?

Der heute dort regierende Bischof mahnt auch gerne, und zwar zur Einheit mit ihm und seinen „Getreuen“. Zum Beispiel mit Orlando Brandes, den er 2016 zum Erzbischof des brasilianischen Wallfahrtsortes Aparecida ernannte. Brandes hat pünktlich zur Synode ganz im Gegensatz zur sonstigen Laissez-faire-„Barmherzigkeit“ mit einem Begriff aus der Apokalypse vor einem Feind gewarnt, der die Kirche zu zerstören drohe. Er verglich diesen Feind mit dem Drachen, der das Kind der Frau mit einem Kranz von zwölf Sternen auf ihrem Haupt verschlingen will. Für den Bischof ist dieser Drachen nicht etwa das Chaos, das seit Jahren immer mehr in die Kirche getragen wird. Nein, der „Traditionalismus“ sei bedrohlicher als alles Andere, verkündete er. Um diesen Drachen zu bekämpfen, lassen Amazonier auch einmal Fünfe gerade sein. Die Durchsetzung der Synoden-Agenda sei keine Angelegenheit des Kirchenrechts, sondern des Heiligen Geistes, hieß es – als ob das Kirchenrecht dem Wirken des Geistes widerspräche.

Nebukadnezzars neues Standbild

Ist es angesichts all dieser Phänomene verwunderlich, dass laut der neuesten Shell-Studie der Glaube unter Jugendlichen abgenommen hat, die Sorge um Klima und die Umwelt aber gewachsen ist? Die Veranstaltung des neuen „Club of Rome“ zeigte sich bis zum Schluss offen nach vielen Seiten. Allerdings nicht nach allen. Eine Ausnahme gab es: Der Ideengeber der Synode hatte dem Spektakel zwar den Boden bereitet mit der Erklärung von Abu Dhabi, nach der die lästerliche Herabstufung Jesu Christi zu einem Propheten Allahs genauso wie die Verehrung von 33 Millionen hinduistischer „Götter“ dem Willen des Dreieinigen Gottes entspricht. Eins aber versuchten die Lenker der „neuen Kirche“ den Gläubigen einzubläuen: Dass es Gott ein Greuel sei, wenn Menschen ihn anbeten, weil sie „rigide“ an seine Offenbarung glauben.

„Wohl tobet um die Mauern der Sturm in wilder Wut; das Haus wird´s überdauern, auf festem Grund es ruht“ heißt es im Lied „Ein Haus voll Glorie schauet“.  Franziskus aber wünschte sich während der Synode die Kirche nicht als Festung, sondern als  „erweiterbares Zelt“, das „immer seine Türen offen hat“ und „unterwegs ist“. Wie ein Zirkuszelt also. Für die von den Amazoniern drangsalierten glaubenstreuen Katholiken stellt sich nun die Frage: Wie verhalte ich mich künftig? Bin ich dem neuen König Nebukadnezzar gehorsam und werfe mich vor seinem  Standbild nieder? Riskiere ich mein Seelenheil, indem ich mich Zeremonien in meiner möglicherweise amazonastrunkenen Heimatgemeinde aussetze? Oder nehme ich Sonntag für Sonntag notfalls auch weite Reisen zu Heiligen Messen mit katholischen Priestern auf mich, die sich wie einst Schadrach, Meschach und Abed-Nego weigern, Gott untreu zu werden und dafür das neukirchliche Äquivalent des siebenfach geheizten Feuerofens auf sich nehmen? Wo solche Priester tätig sind, existiert sie weiter, die Eine, Heilige, Katholische und Apostolische Kirche. Dort schlägt ihr Herz – nicht im häretischen Rom oder am Amazonas.